Auf Einladung der Wiener Linien hatten Fahrlehrer der Fahrschule Columbus die Gelegenheit selber eine Straßenbahn zu fahren.
Ein herzlicher Dank geht an die beiden Kollegen der Wiener Linien, die uns zuerst in der Theorie viele für uns interessante Fragen beantwortet haben und anschließend die Straßenbahnfahrt organisiert und überwacht haben.
Warum fahren Fahrlehrer mit der Straßenbahn?
Für Fahrlehrer sind regelmäßige Weiterbildungen vorgeschrieben. Dabei sind die Themengebiete weit gestreut. Es können Weiterbildungen sind, die direkt mit den unterrichteten Führerscheinklassen zu tun haben. In diesem Fall geht es aber darum, das Verkehrsgeschehen aus der Sicht von anderen Verkehrsteilnehmern zu erleben. Diesmal also aus der Sicht von Straßenbahnfahrern.
Mit unseren beiden Instruktoren der Wiener Linien haben wir einen sehr interessanten Meinungsaustausch gehabt. Dabei haben wir auch konkret Situationen besprechen können, die wir aus der Praxis sehr gut kennen. Zum Beispiel die Situation Quellenstraße / Columbusgasse im 10. Bezirk.
Wo sind wir gefahren
Treffpunkt war der Bahnhof Simmering in der Simmeringer Hauptstraße. Von dort sind wir mit einer ULF-Garnitur die Simmeringer Hauptstraße stadteinwärts in den Rennweg und Schwarzenbergplatz gefahren.
Dort sind wir in die Ringstraße entgegen der Fahrtrichtung gefahren und haben über den Franz Josef-Kai den Ring umrundet. Dann sind wir wieder über Schwarzenbergplatz, Rennweg und Simmeringer Hauptstraße zum Bahnhof Simmering zurück gefahren.
Jeder Teilnehmer hat ca. 6 Stationen abgefahren, bevor es einen fliegenden Fahrerwechsel gegeben hat.
Was waren die Aha-Erlebnisse?
Länge des Bremswegs
Wir wissen natürlich, dass Straßenbahnen nicht so gut bremsen können wie PKW. Aktuelle Zahlen hatten wir aber nicht. Wir sind von einem etwa doppelt so langen Bremsweg bei gleicher Geschwindigkeit ausgegangen. Die beiden Instruktoren haben uns aber eher vom drei- bis vierfachen Bremsweg erzählt. Das werden wir in unsere Ausbildung jedenfalls einfließen lassen.
Gefühl einer Notbremsung für die Fahrgäste
Wir hatten auch die Gelegenheit, selber aus verschiedenen Geschwindigkeiten Notbremsungen zu machen.
So wie beim PKW ist die Notbremsung zu Beginn nicht sonderlich spektakulär. Der spektakuläre Teil kommt noch: Knapp vor Stillstand wird die Verzögerung sostark und ruckartig, dass wir uns als Fahrgäste mit beiden Händen an den Haltegriffen festklammern mussten. Und wir waren jeweils vorbereitet! Wenn im normalen Fahrbetrieb, Fahrgäste unvorbereitet sind und sich nicht bereits festhalten, werden die meisten stehenden Fahrgäste und wohl auch einige sitzende Fahrgäste durch den Wagon geschleudert werden.
Wir können deshalb nur den Tipp geben, sich beim Fahren immer gewissenhaft festzuhalten.
Achtung: Wenn ein Autofahrer eine Straßenbahn zu einer Notbremsung zwingt, kann der Straßenbahnfahrer eine Anzeige machen. Selbst dann, wenn der Autofahrer sich dieser Notbremsung gar nicht bewusst geworden ist.
Fußgänger mit Kopfhörern auf den Gleisen
Das die Verwendung von Kopfhörern im Verkehr ein Risiko darstellt, ist uns natürlich schon bewusst gewesen. Im täglichen Verkehr haben wir auch als PKW-Fahrer mit dieser Unsitte zu kämpfen.
Aus der Sicht des Straßenbahnfahrers hat dieses Phänomen aber noch einmal an Bedeutung gewonnen. Gerade auf der Simmeringer Hauptstraße mit Ihren selbständigen Gleiskörpern haben wir Fußgänger beobachtet, die absolut sorglos die Gleise in Längsrichtung begangen haben und auch auf das Leuten der Straßenbahn nicht reagiert haben. "Respekt" vor soviel Unbekümmertheit!